„Alles hat zwei Seiten…“

Ratschläge dieser Art gibt es viele. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass Jede und Jeder ihre eigene Sicht auf die Dinge hat, sondern auch damit, dass jede Entscheidung immer ihr Gutes, aber auch Ungutes hat.

Wir wollen heute über die letzten Wochen in der Politik hier im Ort berichten und haben ein Beispiel:

Im Ortsbeirat in Havighorst ging es in den Wochen vor den Ferien um die Wahl einer oder eines Vorsitzenden.

Armin Lüders, der dieses Amt seit Jahren bekleidet, wurde mit Stimmen von OWG, SPD und Grünen gegen die Stimmen der CDU gewählt.

Überraschend für die meisten stellte die CDU eine Sitzung später einen Antrag auf Neuwahl.

Warum, wissen wir bis heute nicht genau.

Gab es Verstimmungen zwischen den Beteiligten von CDU und OWG? In der ersten Sitzung verließen die CDU-Mitglieder die Sitzung bei einer Befangenheitsfrage, die vom Bürgermeister und dem Vorsitzenden aufgeworfen wurde, und über die später sogar das Protokoll geändert werden sollte.

Oder hatte man sich eine neue Mehrheit organisiert? Es gab die Aussage der SPD, ihr Mitglied hätte sich „verwählt“. Es sei ein Fehler gemacht worden.

Falsch gewählt, falsch verbunden?

Eine Verwechslung beim Hand heben, wo man sich untereinander doch seit Jahren kennt?

Gute Gründe gibt es sicherlich; es wurde aber vorher nicht offen miteinander darüber gesprochen und auch jetzt möchte man, so der Eindruck, ungern offenbaren, warum ein Ausschussmitglied seine Stimme plötzlich ändert und ein etablierter Vorsitzender plötzlich den Hut nehmen muss, um sich nicht auch noch einer unwürdigen Abwahl durch die neue Mehrheit stellen zu müssen.

In der Sitzung am kommende Donnerstag (31. August) will Armin Lüders zurücktreten, so ist aus Parteikreisen zu hören. Dann wird vermutlich ein neuer Vorsitzender gewählt – mit neuer Mehrheit von CDU und SPD.

Mehrheiten ändern sich eben in der Politik, oder?

Wahlwiederholungstaste – Wir als Grüne bleiben bei unserer einmal getroffenen Wahl, um nicht auch unser Fähnlein in den Wind zu stellen und weiteres Vertrauen der Politik zu verspielen.

Es bleiben vage Vermutungen, die wir gerne geklärt wissen wollen.

Einige Fragen bleiben jedoch: Wurde zwischen CDU und SPD abgesprochen, dass man eine neue Mehrheit schafft?

Warum legt die CDU so viel Wert auf diesen Posten?

Wurde Druck aus den beiden Fraktionen auf das freie Mandat des Gemeindevertreters ausgeübt, damit er seine Meinung ändert?

Warum wurde nicht schon im Vorweg mit allen offen gesprochen?

Ein Geschmäckle bleibt. Das Tischtuch zwischen den Akteuren jedenfalls ist zerschnitten, viel Vertrauen schon zum Start verspielt.

Und genau das ist, was viele Bürgerinnen und Bürger bei der großen und kleinen Politik beklagen.

Der Bürgervorsteher Hans-Joachim Vorbeck sprach in einer vorigen Ausgabe des Gemeindeblatts populistisch von der „Chaos-Ampel“, die seiner Ansicht nach die Wahlbeteiligung im Ort belastet hat.

Vielleicht liegt das Problem aber gar nicht im fernen Berlin, sondern hier direkt vor der eigenen Haustür?

Jede Geschichte hat zwei Seiten, Fehler zu machen ist menschlich – aber manchmal produziert ein Sieg nur Verlierer oder wenigstens einen faden Beigeschmack.

Wir danken Armin Lüders für sein Engagement als Vorsitzender des Ortsbeirats in den letzten Jahren und schauen nach vorne.

Eins hat nie geholfen: Probleme unter den Teppich zu kehren und nicht miteinander zu sprechen.

Wir bleiben bei unserer Art und wollen weiter zusammen mit den anderen Parteien für das Vorankommen unserer Gemeinde arbeiten, auch wenn das durch politische und persönliche Zankereien nicht unbedingt einfacher wird.

Wir freuen uns, wenn der neue Vorsitz, der nun daraus erwachsenden Verantwortung gerecht wird und kein weiterer fader Beigeschmack im Ort entsteht.

Und wir freuen uns, für euch aufklärend aktiv zu sein. Ihr seht, manchmal ist es nicht nur unsere Aufgabe mit eigenen Ideen zu gestalten, sondern auch Dinge zu benennen und unsere Seite der Geschichte anzubieten oder wenigstens unsere Kolleginnen und Kollegen zu bitten, den Wählerinnen und Wählern ihre Seite lauter und ausführlicher zu erklären, als sie es vorhatten.

Nicht, dass am Ende die Havighorsterinnen und Havighorster den Eindruck haben, sich „verwählt“ zu haben.

Bleibt positiv – wir bleiben für euch am Ball!

Dr. Sven Sommer (Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen in Oststeinbek)