… oder wie in Oststeinbek aus einer Mücke ein Elefant wird
Vorsicht Satire
Auf keinem Feld kochen Emotionen bisweilen so hoch wie in Verkehrssachen. Sei es eine neue Baustelle, der morgendliche Dauerstau, ein Tempolimit, oder der Bus, der nicht pünktlich kommt. Das passiert nicht selten, und geht vielen aus gutem Grund auf die Nerven.
Aber kann man Empörung auch künstlich erzeugen – sagen wir, um Stimmung zu machen? Ja, man kann. Dabei spielt erstmal keine Rolle, ob für oder gegen etwas. Es reicht schon, wenn es um die Verkehrsberuhigung auf der Möllner Landstraße geht, einen Wunsch, den viele Oststeinbeker und Oststeinbekerinnen umtreibt. Aufheizen geht dann so: Auf einer Homepage wird behauptet, man habe sich „seit über 35 Jahren unermüdlich für den Bau einer Umgehungsstraße“ eingesetzt, leider ohne Erfolg. In keiner der zahlreichen Sitzungsperioden der vergangenen drei Jahrzehnte sei es gelungen, eine Mehrheit in der Gemeindevertretung für dieses Anliegen zu gewinnen. Etwas Pathos gehört dazu.
Das ruft prompt eine Gegenreaktion des politischen Wettbewerbers hervor, der diese Darstellung als falsch geißelt. Denn es geht auch um die Deutungshoheit. Die größte Partei am Ort verweist darauf, dass es schon in den 1970er Jahren Bestrebungen für eine Umgehungsstraße gab. Diese aber scheiterten, weil Glinde einen Anschluss verweigerte. In den Jahren danach habe die bauliche Entwicklung das Vorhaben nicht mehr zugelassen. Die Politik vor Ort habe mehrheitlich eine Umgehung befürwortet. Nun zu behaupten, dass man für etwas, was man nie beantragt habe, keine Mehrheit bekommen habe, sei schon ein „starkes Stück“, ärgert sich der Vertreter der größten Partei. Wie gesagt, es geht auch um Eitelkeiten.
Trara und Tamtam– um eine Petitesse
Die Debatte wird weiter angeheizt, als sich der „Barsbütteler Rundfunk“ (sic!) einschaltet und die Lage dramatisiert. „Die Verkehrssituation in Oststeinbek sorgt für zunehmende Unruhe unter den Anwohnern“, befand der „BBR“. In sozialen Medien hätten Bürger ihre Forderungen nach einer Umgehungsstraße sowie einer Anbindung der Gerberstraße an die Möllner Landstraße gefordert. Tatsächlich hatten lediglich einige Bürger Vorschläge gemacht, wie eine Zuwegung zum alten Schulgelände aussehen könnte – rein hypothetisch, sollten dort neue Wohnungen gebaut werden.
Der ursprüngliche Artikelschreiber kann sich zurücklehnen, sollte man meinen. Er hat eine alte Diskussion ins Leben gerufen, die nun erneut Gesprächsthema wird.
Doch weit gefehlt! Er ist gekränkt. Mit dem Streit der Platzhirschen soll sich nun sogar der Hauptausschuss befassen. Obwohl es um eine Petitesse geht, die zugegeben griffige Antwort auf eine – sagen wir, mutige Behauptung auf einer Website. Das wirft Fragen auf: Geht es um die in zwei Jahren anstehende Bürgermeisterwahl? Soll die Idee einer Umgehungsstraße wiederbelebt werden – obwohl es dafür keine Aussicht auf Erfolg mehr gibt. Will sich da jemand früh in Szene setzen? Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.
- von Jan Schwartz