Tristesse und Leerstand: Einzelhandel in Oststeinbek

  • Eine Vision für eine lebendige Ortsmitte
  • Der Marktplatz als Herzstück des Gemeinde

Leerstehe Geschäftslokale gehören zum Auf und Ab der Konjunktur. Es kommt immer mal wieder vor, dass das Angebot eines Händlers vor Ort nicht mehr nachgefragt wird, etwa weil sich die Kundschaft lieber im Internet eindeckt. Die aktuelle Entwicklung bei Waren des täglichen Bedarfs bereitet jedoch Sorgen, zumal in Oststeinbek gleich mehrere Geschäftsaufgaben zu verzeichnen. Dadurch droht der Ort an Attraktivität zu verlieren.

Wer durch Oststeinbek spaziert, bemerkt schnell, dass die Bäckerei Zimmer an der Möllner Landstraße geschlossen hat. Angeblich war dem Betreiber die Miete zu teuer, wie in sozialen Medien zu lesen ist. Auch die höhere Gewerbesteuer könnte eine Rolle gespielt haben. Wahrscheinlich gibt es mehrere Gründe.

Vom Scheitern des Konkurrenten profitiert die Bäckerei Meyns auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Vor deren Ladenlokal an der Kaufpassage bildeten nach der Geschäftsaufgabe von Zimmer lange Schlangen. Inzwischen verteilt sich der Andrang über den Tag. Das Geschäft läuft – die Kassen klingeln.

Doch ist das nicht die Regel: Vor wenigen Wochen machte das Restaurant Iran Zamin mit integriertem Café fast zeitgleich mit Zimmer dicht. Ein Nachfolger hat sich bereits angekündigt.

Die Kirchengemeinde möchte dem Verlust an Begegnungsräumen entgegenwirken: Demnächst eröffnet auf dem Kirchengelände ein „Dorfcafé mit Stammtischcharakter“, wie der Pastor dem „Hamburger Abendblatt“ sagte.

Erfolg und Misserfolg liegen oft dicht beieinander

An der Eingangstür zur Kaufpassage gleich neben der Traditionsbäckerei Meyns weist ein Aushang darauf hin, dass der Wegfall von Einzelhandelsangeboten kein Einzelfall ist: „Gewerbefläche vielseitig nutzbar – von privat zu vermieten“ steht dort angeschlagen. In der Ladenpassage haben gleich zwei Geschäfte die Segel gestrichen: Ein Zeitungs- und Zigarettenladen und ein Krimskrams-Laden mit einem Sortiment von Kleidung bis zu Haushaltsartikeln. Der beliebte Blumenladen daneben hatte schon vor geraumer Zeit zugemacht, dort residiert nun eine Versicherungsagentur.

Einladende, attraktive Läden fehlen – die Waschbetonfläche der Passage versprüht den Charme einer Tiefgarage aus den 1970ern.

Ein paar hundert Meter weiter entlang der Möllner Landstraße setzt sich die Tristesse fort. An der Kreuzung zur Stormarnstraße musste das „Homelike Living“ aufgeben, weil das erlesene Angebot von Kuchen und Geschenkideen immer weniger Kund:innen ansprach. Manchen war es wohl auch zu teuer. Für das Areal sucht nun ein Immobilienmakler einen Käufer, von 1,5 Millionen Euro ist die Rede – für ein Grundstück, Extremwetterlagen als besonders gefährdet gilt.

Die Ursache für die zahlreichen Geschäftsaufgaben sind unterschiedlich. Eines aber haben alle gemeinsam: Oststeinbeks Ortsmitte reizt nicht gerade zum Verweilen, eher zum Hindurchfahren. Ein Straßendorf eben – ohne anziehenden Ortskern.

Wir würden das gerne ändern, indem wir die Ortsmitte rund um das Rathaus, die Begegnungsstätte und den Marktplatz entsiegeln und attraktiver gestalten. Ideen dafür gibt viele. Das italienische Eiscafé könnte versetzt werden, weg vom Verkehrslärm der Möllner Landstraße. Jugendliche wünschen sich zudem eine Kneipe. Wir stellen uns Bäume zur Beschattung vor, ein Schachfeld für Jung und Alt, umgeben von bunten Beeten.

Die Begegnungsstätte sowie das Objekt der Kleiderkammer würden wir in das Konzept integrieren, um ein kulturelles Ensemble zu schaffen, in dem Veranstaltungen und Open-Air-Konzerte abgehalten werden. Publikumsmagnet für Jung und Alt ist der Marktplatz schon beim alljährlichen Maibaumfest mit Diskothek im Festzelt. Damit der Platz auch zu anderen Zeiten belebt ist, muss er ansprechender gestaltet werden.

Ideenwettbewerb zur Gestaltung der Ortsmitte

Wir schlagen einen Ideenwettbewerb vor, um das Image Oststeinbeks als reinen Durchgangsort zu ändern. Daran sollten sich alle Interessierten beteiligen können. Dazu aufrufen könnte die Gemeinde. Werkstattgespräche, moderiert von Stadtplaner:innen, bieten sich als Beteiligungsformat an. Am Ende würde dies die Menschen beiderseits der Möllner Landstraße, die Oststeinbek durchschneidet, zusammenbringen – und ein neues Gemeinschaftsgefühl schaffen.

(Text und Fotos von Jan Schwartz)

Die Kaufpassage versprüht den Charme einer Tiefgarage aus den 1970ern.
Auch die ehemalige Bäckerei Zimmer steht leer